Nationalismus und die Demontage der Demokratie in Europa (Beginn Herbst 2024)

Wie schaffen es illiberale Eliten demokratische Unterstützung aufrechtzuerhalten, während sie gleichzeitig demokratische Institutionen schwächen?  Zentrale Hypothese des Projekts ist, dass illiberale Eliten hierzu auf nationalistische Botschaften zurückgreifen. Solche Botschaften haben große Überzeugungskraft, da sie sowohl die Interessen der Wähler*innen als auch ihre sozialen Identitäten ansprechen. Vielmehr noch kann Nationalismus aber gerade im Kontext demokratischer Demontage helfen, illiberale Reformen öffentlich zu rechtfertigen, und zwar als notwendige Veränderungen um die souveräne Selbstbestimmung der Nation zu befördern. Der Erfolg dieser Strategie hängt jedoch von vordemokratischen Vermächtnissen ab: Dort, wo Demokratisierung einst nationalistisch-faschistische Diktaturen ablöste, kann größerer Skeptizismus gegenüber nationalistischer Ansprache erwartet werden. Wo hingegen Demokratien anti-nationalistische, kommunistische Diktaturen ersetzten sollte Nationalismus heute auch prodemokratische Wähler*innen überzeugen können. Ceteris paribus sollte es illiberalen Eliten daher in post-kommunistischen Gesellschaft leichter fallen, mit Hilfe nationalistischer Botschaften breite Unterstützung zu erzielen, als in post-faschistischen Gesellschaften. Das Projekt beinhaltet eine quantitative Analyse zu allen europäischen Demokratien und Fallstudien zu Kroatien, Spanien, Polen sowie Ost- und Westdeutschland. In den Fallstudien kombinieren wir qualitative Inhaltsanalyse erinnerungspolitischer Reden mit Fokusgruppen und Survey Experimenten. Das Projekt möchte zu einem Austausch über europäische Werte beizutragen, der von der gemeinsamen Erfahrung der Überwindung des Totalitarismus getragen ist, dabei jedoch sensibel für die unterschiedlichen Vermächtnisse und Erinnerungskulturen bleibt, die sich in post-faschistischen und post-kommunistischen Gesellschaften entwickelt haben.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (Projektnummer 523633539)

Laufzeit: 1. Oktober 2024 – 30. September 2027