Abstracts

Beyond Bureaucracy. Public Administration as Integrator and Non-Weberian Thought in Germany. Public Administration Review 70 (2010): 719-730.

The political role of public administration holds an ambiguous status in public administration theory. The dominant paradigms of the discipline off er more or less negative perspectives. Max Weber’s notion of bureaucracy conceives public administration as the apolitical tool of government, while the public choice school conceives it as the realm of individual selfi shness and rent seeking at taxpayers’ expense. In this unfavorable epistemological environment, positive concepts of what makes public administration “political” can hardly fl ourish. However, as public authorities may organize clientele participation and consequently co-opt stakeholders, they provide for symbolic sense making and create patterns of identity. Public administration thus works as a political integrator in its own right. Unfortunately, this subject is not prominent within contemporary scholarly research. German political integration through administration is analyzed here in order to address these and related theoretical questions. Link to the journal homepage


Der prekäre Staat. Herrschen und Verwalten im Nationalsozialismus (ed.,  with Sven Reichardt). Frankfurt a.M.: Campus 2011.

Der nationalsozialistische Staat zerstörte althergebrachte Verwaltungs- und Organisationsstrukturen, was oft als Schwäche interpretiert wurde. Die Studien in diesem Band nehmen dagegen die aus den neu geschaffenen Institutionen entstandene Durchsetzungsfähigkeit nationalsozialistischer Herrschaft in den Blick. Gerade aus der nachbürokratischen und netzwerkartigen Struktur des Regimes erklärt sich dessen Leistungsfähigkeit – vor allem im Bereich der Vernichtungs- und Ausbeutungspolitik. Anhand empirischer Einzelstudien wird diese Annahme für verschiedene Bereiche überprüft – von der Partei und ihren angeschlossenen Verbänden über die regionale und kommunale Verwaltung bis zur Finanz- und Besatzungsverwaltung im Westen wie im Osten. Link to the publisher


Macht und Moral: Die "Endlösung der Judenfrage" in Frankreich, 1940-1944. Konstanz: Konstanz University Press 2010.

80.000 Juden fielen der Verfolgung unter der deutschen Besatzungsherrschaft in Frankreich 1940-1944 zum Opfer. Anfangs begünstigten die Machtteilung innerhalb des deutschen  Besatzungsapparates und die Rivalität mit den französischen Instanzen die stetige Radikalisierung der Judenverfolgung. Doch ab September 1942 schränkt die französische Regierung in Vichy unter dem Druck der Kirchen und der öffentlichen Meinung die Kollaboration bei der Umsetzung des deutschen Deportationsprogramms ein. Die SS war außerstande, den sich versteifenden passiven Widerstand zu brechen. Die Mehrheit der Juden überlebte, weil die Mobilisierung moralischer Normen durch gesellschaftliche Schlüsselakteure das Machtkalkül der Mittäter so verschob, dass sie die »Endlösung« in Frankreich nicht unterstützten.
Der Fall zeigt exemplarisch, dass Moral nicht machtlos ist, wenn es um Völkermord geht. Er konfrontiert uns aber mit widersprüchlichen Handlungen nicht nur auf Seiten der Mittäter, sondern auch auf Seiten derjenigen, die Widerstand geleistet haben. Und er konfrontiert uns mit der Ambivalenz der Macht, die sowohl zur Aufhebung als auch zur Durchsetzung der Moral ihren Beitrag leistet.

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Die gescheiterte Wirtschaftsreform 1989/90, Aus Politik und Zeitgeschichte 11 (2010): 34-40.

Die Ereignisse in der DDR vom Herbst 1989 bis zum Sommer 1990 waren geprägt durch eine innen- und außenpolitische Dynamik und die Festlegung von Pfadabhängigkeiten, die, auch in der historischen Rückschau, Ansätze zu einer Wirtschaftsreform überlagerten, welche in der DDR selbst entstanden waren und dort intensive Diskussionen ausgelöst hatten. Welcher Art waren diese Reformvorstellungen? Wie realistisch waren sie? Was waren die Umstände ihres Scheiterns?


UN-Friedensmissionen. Zwischen politischer und bürokratischer Logik. UNIVERSITAS 64 (2009):346-371.

Wie lernfähig sind internationale Bürokratien? Wer sind die international tätigen Bürokraten und welche Rolle spielen sie? Die nachfolgende Abhandlung widmet sich diesen Fragen am Beispiel von Friedensmissionen der Vereinten Nationen und der ihnen angeschlossenen Verwaltungsapparate. In Krisengebieten, wo Staat und Verwaltung zusammengebrochen sind, übernehmen die Vereinten Nationen nicht selten Regierungs- und Verwaltungsfunktionen, für die die Weltorganisation eigentlich nicht geschaffen wurde. Hieraus haben sich komplexe Bürokratien entwickelt, die schwer zu steuern sind und deren Erfolg oft genug fragwürdig ist. Die Fehlfunktionen internationaler Bürokratien sind allerdings im Kern kein bürokratisches, sondern ein politisches Problem. Ob der Erfolg von Friedensmissionen der Vereinten Nationen überhaupt gewollt ist, ist in vielen Fällen ebenso zweifelhaft wie der Umgang der internationalen Gemeinschaft mit humanitären Krisen und Massenverbrechen, die nach den selbstgesetzten Normen verhütet und eingedämmt werden müssten, für deren Opfer sich aber, wie im Fall Darfur oder im Kongo, keine hinreichend starke internationale Lobby findet. Die Kritik an der internationalen Bürokratie ist daher oft nur eine Stellvertreterkritik. Internationale Bürokratien können sich als wesentlich lernfähiger und leistungsstärker erweisen als die letzten Endes verantwortlichen politischen Entscheidungsträger. Link to the journal


Moderne Protektorate als Ersatzstaat: UN-Friedensoperationen und Dilemmata interna­tionaler Übergangsverwaltungen. Politische Vierteljahresschrift, Special Issue (2008):499-530.

UN-Friedensoperationen sind seit dem Ende des Kalten Krieges in zunehmendem Maße mit internationalen Übergangsverwaltungen verbunden, die ihrerseits eine Antwort auf „zerfallende Staaten“ und den Zusammenbruch öffentlicher Ordnung und Infrastruktur in Krisenregionen sind. Internationale Übergangsverwaltungen sind zugleich Versuche regionaler Restabilisierung nach dem Zerfall hegemonialer Ordnungen. Sie bleiben dieser geopolitischen Logik unterworfen, auch wenn sich in den Arenen der internationalen Organisationen und der ihnen verbundenen epistemic communities eigenständige Politiken und Rechtfertigungsprogrammatiken herausbilden. Allem Anschein nach hat sich das nach dem Ende des Kalten Krieges offen stehende „Fenster der Gelegenheit“ für erfolgreiche Friedensoperationen und internationale Übergangsverwaltungen unter UN-Mandat bereits wieder geschlossen. Das mindert den Wert von Rezeptwissen zur Lösung reiner Governance-Probleme, wie es in der einschlägigen Literatur angeboten wird. Ursächlich für diese Entwicklung ist zum einen der (Wieder-)Aufstieg autokratischer Großmächte, Russland und China, die sich bei der Mandatierung von Friedensoperationen im UN-Sicherheitsrat zumindest neutral verhalten müssen, und zum anderen der Legitimationsverlust internationaler Interventionen im Namen westlicher demokratischer Werte, der nach der US-geführten Invasion des Irak eingetreten ist. Die damit einhergehenden Widersprüche zwischen Programmatik und Praxis der internationalen Gemeinschaft, so die Hypothese, werden durch Coping-Strategien der maßgeblichen politischen und institutionellen Akteure überbrückt. Zur Operationalisierung dieser Annahme wird ein modifiziertes Principal-Agent-Modell vorgestellt. Unterstellt wird, dass die „Principals“ auf der nationalen wie auf der internationalen Ebene sowohl ein Interesse am Scheitern internationaler Übergangsverwaltungen als auch ein Interesse an Unwissenheit über dieses Scheitern entwickeln können. Link to the journal


Der Bürger als Schreibtischtäter. Der Fall Kurt Blanke (with Martin Jungius). Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 2 (2008): 265-300.

Dr. jur. Kurt Blanke (1900–1995) was head of the “Dejewification” department (Referat “Entjudung”) in the economics division of the German occupational authorities in France between September 1940 through August 1944 and, thus, a key-figure of anti-Jewish policy in France. Blanke was in charge of the economic persecution which, in collaboration with the Vichy authorities, resulted in the legalized robbery of Jewish property and served as a precursor of the deportations to Auschwitz. Blanke, a lawyer by training and a local dignitary in his hometown of Celle in Northern Germany, had protested against the November pogrom in 1938, known as Kristallnacht, by leaving the SA which he had joined in 1933. As a civil servant in the German occupation administration he nonetheless organised the economic persecution of the Jews with particular zeal and professional ability. The case of Kurt Blanke illustrates the crucial role of well educated middle-class elites without inclinations towards eliminationist Nazi ideology for the systematic persecution of the Jews. The distance vis-à-vis SS and SA and their plebeian attitudes served as an identity-generating link between perpetrator biographies and post-war careers, many of which were quite remarkable. Kurt Blanke, for example, not only never had to stand trial, but even served as mayor of Celle between 1964 through 1973. He was awarded the Cross of the Order of Merit of the Federal Republic of Germany in 1969. Even today, a cul-de-sac in Celle is named Kurt Blanke Straße. Link to the journal